Fast jedes Unternehmen, jede Institution und auch jede Behörde bietet ihren Mitarbeitern Fortbildungen, Seminare und Coachings zum Thema Zeitmanagement an.
Das Thema wird definiert, man zeigt Dir Matrizen, Diagramme, Statistiken. Du erlernst Techniken, Methoden und Du übst deren Anwendung.
Ja, es gibt gibt richtig gute Verfahren: Die …
- 40-30-20-10-Regel: 40 Prozent Deiner verfügbaren Zeit widmest Du Aufgaben mit der höchsten Priorität, 30 Prozent bekommen die zweitwichtigsten Aufgaben, 20 Prozent der Zeit Aufgaben mit Priorität 3. Für die restlichen Aufgaben verwendest Du nicht mehr als 10 Prozent Deiner Zeit.
- SMART-Methode: Ob Selbstorganisation oder Zeitmanagement, Du
– beschreibst Deine Ziele Spezifisch,
– orientierst Dich an Messbaren Fakten,
– planst Attraktiv und denkst auch an den Spaß bei der Umsetzung,
– bist dabei Realistisch, denn Dein Vorhaben muss auch machbar sein und
– planst Deine Aufgaben zeitlich bindend, das heißt Termingerecht. - Eisenhower-Matrix: Du ordnest Deine Aufgaben in ein 4-Felder-Schema nach
– wichtig/dringlich,
– weniger wichtig/dringlich,
– wichtig/ weniger dringlich,
– weniger wichtig/weniger dringlich
ein. Die Matrix gibt dann Aufschluss darüber, welche Aufgaben zuerst und welche am besten gar nicht erledigt werden sollten.
Suche nach diesen Begriffen im Netz. Du wirst hervorragende Seiten finden, die Dir genau erklären, was wie zu tun ist. Tausende Praktiker bestätigen die Wirksamkeit dieser Techniken.
Darüber hinaus gibt es Dutzende von Regeln und Tipps. Alle haben sie ihre Berechtigung.
Sie helfen Dir, Strukturen zu errichten, Aufgaben zu ordnen und eine gewisse Kontrolle über Deine Gedanken und Handlungen zu gewinnen.
Probiere die Techniken aus, die Dich neugierig machen. Denn durch das Ausprobieren erhältst Du wertvolle Hinweise über die Funktionsweise Deines Geistes.
Aber Du willst mehr als gutes Zeitmanagement erreichen?
Du willst Dich nicht damit zufrieden geben, dass Du eine Ordnung erstellst? Dann hinterfrage, wie Du zu dieser Ordnung kommst.
Was der Grund dafür ist, dass Du etwas als wichtig oder unwichtig, dringlich oder weniger dringlich auffasst.
Wir wollen dem auf die Spur kommen, was uns zu einem Mitarbeiter mit einem guten timing macht.
Wir sind es vielleicht gewohnt, gewisse Einteilungen unreflektiert zu übernehmen, weil sie selten in Frage gestellt werden.
Auch wenn wir es in unserem Arbeitsalltag nicht nur von vorgesetzten Kollegen oft mit dem gegenteiligen Glaubenssatz zu tun haben; Du ahnst:
Nichts ist so, weil es so ist.
Allenfalls ist es so, weil es so geworden ist. Weil Menschen in entscheidenden Positionen übereingekommen sind, dass es so sein soll.
Es kann sich sich aber auch wieder ändern. Und so manche Selbstverständlichkeiten werden schon morgen keine mehr sein.
Aber genug der Worte ohne konkreten Bezug. Warum spüren wir überhaupt einen Bedarf an Zeitmangement?
In Deinem Arbeitsalltag wird Dir gerne erklärt, dass alle Aufgaben wichtig sind.
Kennst Du das Gefühl, dass die Fülle Deiner Aufgaben nicht zu bewältigen ist?
Und dass Dein Chef Dir einfach nicht sagen will, welche Arbeitsaufträge wichtiger sind, als andere?
Ich habe es lange nicht verstanden, welche Haltung diesem Verhalten zugrunde liegt.
Jahrelang habe ich kritisiert, dass mein Chef keine Prioritäten setzt, was ich denn nun in welcher Reihenfolge angehen soll.
Aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich wurde mir der Lösung gewahr und fand zu meiner persönlichen Erkenntnis:
Ich sollte lernen, Verantwortung zu übernehmen.
Wie bitte? Es handelte sich nicht um eine Respektlosigkeit meines Vorgesetzten, dass er mir eigene Entscheidungen abverlangt?
Es war keine Zumutung, dass er Späße darüber machte, dass einfach alle Aufgaben und Mitteilungen hier in unserer Behörde wichtig sind?
Tatsächlich bin ich heute davon überzeugt, dass er Recht hatte.
Vielleicht wäre ich das an seiner Stelle anders angegangen. Hätte meinen Mitarbeitern Hinweise gegeben.
Hätte sie mit dieser Herausforderung nicht allein gelassen. Und …
Ich hätte ihnen keine Zeitmanagement-Seminare empfohlen.
Auf der anderen Seite schätzen wir Einsichten aber umso höher, je mehr wir sie uns erarbeiten mussten. Meinst Du nicht?
Ich bin mir nicht sicher, ob sich mein Chef zu diesem Zeitpunkt darüber bewusst war, dass er mir hilft, etwas Wesentliches zu lernen.
Vielleicht hat er auch nach einem Prinzip gehandelt, dass seiner Folgsamkeit geschuldet ist. Seiner absoluten Loyalität gegenüber den Vorgaben der Führung.
Aber das spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass ich mir bewusst wurde:
Ich habe Entscheidungsspielräume. Und zwar größere als zunächst gedacht.
Gutes Timing ist soviel mehr als alle Techniken des Zeitmanagements zu beherrschen.
Ich bin mir bewusst geworden, dass es an der Zeit ist, die Verantwortung für meine Entscheidungen zu übernehmen.
Und ich bin mir klar geworden, welchen Rahmenbedingungen ich mich verpflichtet fühle.
Für gewöhnlich beginnt die Hierarchie der Ordnung beim Grundgesetz. Danach kommen die Sozialgesetzbücher.
In unserem Falle sind das hauptsächlich SGB II, SGB III und SGB IX. Auf dieser gesetzlichen Grundlage werden die politischen Zielvorstellungen formuliert.
Diese werden auf Arbeitsagenturen, Jobcenter und kommunale Arbeitsverwaltungen herunter gebrochen.
Mehr oder weniger zentral werden Handlungs- und Geschäftsanweisungen für die einzelnen Behörden formuliert.
Und dann greifen die Leitfäden der Geschäftsführungen vor Ort.
Die formulieren dann mehr oder weniger detailliert Vorgaben darüber, wie wir im operativen Geschäft vorzugehen haben.
Unsere Vorgesetzten sprechen auch gern von den Leitplanken, wenn sie die Grenzen unserer Handlungsspielräume beschreiben wollen.
Nach fast einem Dutzend Jahren Berufserfahrung in diesem Bereich ist mein gefühlter Handlungsspielraum kontinuierlich gewachsen.
Aus der Ferne betrachtet ist das natürlich nachvollziehbar, aber es bleibt eine bemerkenswerte Entwicklung.
Zunächst bezog ich meinen Bewegungsspielraum aus den Regeln, die mir meine Behörde vorgab.
Ich hielt es für normal, mein Dürfen und Nicht-Dürfen daraus abzuleiten. Mit Zeitmanagement-Techniken allen Anforderungen gerecht zu werden.
Mit den Jahren weitete sich der Horizont und ich lernte, “über den Tellerrand” zu blicken.
Ich ordnete die Vorgaben dem Verantwortungsbereich der Entscheidungsträger zu, die damit ihrerseits Handlungsspielräume nach ihrem Dafürhalten nutzten.
Zwangsläufig kam ich bei den Sozialgesetzbüchern an.
Die Gesetze stehen über den Jobcentern, über den Kommunen, über den Regionaldirektionen und über der Zentrale.
Die Sozialgesetze sind handlungsleitend für all unsere Entscheidungen.
Daraus leitet sich eine ganz wesentliche Erkenntnis hinsichtlich unserer Entscheidungsspielräume ab.
In dieser verschachtelten Hierarchie gibt es viele Entscheidungsträger. Sie sind aus vielerlei Gründen mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet.
Für unsere Arbeit am Kunden sind sie aber ohne Belang. Sie erfüllen organisatorische Funktionen. Wir sind zunächst nur den Sozialgesetzen verpflichtet.
Auf der Grundlage dieser Gesetze treffe ich meine Entscheidungen, denn jeder Fall ist ein Einzelfall.
Mittlerweile halte ich eine kompromisslose Kundenorientiertheit für die einzig richtige Vorgehensweise.
Daraus resultiert eine Form von Entscheidungsfreiheit, die mein Timing kontinuierlich besser werden lässt.
Es ist wirklich lange her, dass ich mich gefragt habe, was ich darf und was ich nicht darf.
Wenn ich Fragen hinsichtlich meiner Entscheidungen habe, konsultiere ich das Gesetz.
Und auf der Grundlage des Gesetzes belege ich ggf. die Rechtmäßigkeitkeit meiner Entscheidung.
An allem Anfang steht das notwendige Wissen für die Beurteilung der Wichtigkeit Deiner Aufgaben.
Sei klug und mach‘ Dich schlau, indem Du sorgfältig die Aufgaben hinterfragst, die Dir gestellt sind.
Erledige sie zunächst wie Deine Kollegen. Sie arbeiten vielleicht schon länger dort und sie treffen Entscheidungen aus ihrer Erfahrung.
Irgendwann wirst Du Deine eigenen Maßstäbe setzen und sie werden Dich zu jemandem machen, der ein bestechendes Timing hat.
Gutes Timing resultiert aus Klugheit und Erfahrung in menschlichen Dingen.
Und wenn Du tatsächlich überzeugt bist, dass bestimmte Aufgaben für Deine kundenorientierte Arbeitsweise ohne Belang sind, dann steh‘ dazu.
Wenn Du gute Gründe dafür hast, dann bringe auch den Mut auf und sag’ es, wenn Du danach gefragt wirst.
Deine Haltung wird nie eine standfeste werden, wenn Du sie nicht immer und immer wieder der Prüfung durch die Wirklichkeit aussetzt.
Es wird vielleicht ein langer Prozess und ein weiter Lernweg sein, bis Du Deine Haltung entwickelt hast und sie vertreten kannst.
Aber Du wirst belohnt mit vielen großartigen Fertigkeiten.
Eine davon wird ein sicheres Timing sein, mit dem Du den Anforderungen nicht nur in Deinem beruflichen Alltag, sondern in Deinem Leben begegnest.
Perfektes Zeitmanagement wird zu geschmeidigem Timing. Du wirst sehen, bald wirst Du die Wichtigkeit von Aufgaben intuitiv bewerten.
Du wirst keine Technik mehr brauchen, weil Du die Aufgabe aus der Summe Deiner Erfahrungen sicher einzuordnen verstehst.
Erst wenn Du gefragt wirst, warum Du dies tust und jenes lässt, wirst Du differenzieren und erklären. Du wirst Deine Haltung transparent machen.
Ist das nicht erstrebenswert? Ich finde ja und arbeite daran.
Die gängige Definition von Zeitmanagement beschreibt die ökonomische Abarbeitung von Aufgaben und Terminen.
Das ist in der Tat etwas anderes, als seine Lebenszeit bestmöglich zu verbringen. Und dabei Großartiges zu vollbringen.
Andererseits kann es nicht um ein Werkzeug gehen, das unabhängig davon funktioniert, wer es in der Hand hat und wie er damit umzugehen versteht.
Gutes Timing ist viel mehr als die Summe aller Teile eines guten Zeitmanagements.
Warum? Weil Du und Deine Persönlichkeit für Dein Timing die entscheidenden Voraussetzungen sind.
Natürlich reicht es nicht, zu wissen, dass man wesentliche von unwesentlichen Aufgaben und Terminen zu unterscheiden hat.
Und es ist schlichtweg nicht richtig, dass man das lernen kann.
Was Du lernen kannst ist, welche Deine Prioritäten vor dem Hintergrund Deiner ganz persönlichen Haltung sind.
Du lernst also nicht etwas Neues, sondern Du gewinnst Einsicht in die Funktionsweise Deines Geistes und Du entwickelst Deinen Standpunkt.
Auch wenn Trainer, Wissenschaftler und Experten behaupten, alles sei viel komplexer und so einfach nicht zu beschreiben, geschweige denn zu begreifen.
Lass’ Dich nicht beirren, denn über kurz oder lang ist der einfachste Weg sich zu entwickeln auch der, der den Erfolg mit sich bringt.
In Dein Timing fließen sämtliche Erfahrungen Deines Lebens und Deines Lernens.
Es ist etwas, was Du ausstrahlst und was Deinen Kunden und Kollegen Sicherheit vermittelt.
Sie werden Dir glauben, dass Du mit beiden Beinen in der Welt stehst.
Und dass Du allem um Dich herum seinen Platz in der Ordnung der Prioritäten zuzuordnen vermagst.
Fazit
Mit Deinem Zeitmanagement versuchst Du alles unter einen Hut zu bringen, was man von Dir erwartet.
Dein Timing ordnet Prioritäten nicht nach den Anforderungen, die andere an Dich stellen, sondern nach den Einsichten, die Du selbst gewonnen hast.
Und diese Einsichten entwickeln sich anhand der Ordnung, die durch Deine Haltung, insbesondere durch Deine Kundenorientiertheit vorgegeben wird.
Gutes Timing lehrt Dich das Leben und die Erfahrungen, die Du bereitwillig machst.
Gutes Timung lehren Dich die großartigsten unter den Menschen, die Dir begegnen und die wesentlichsten Einsichten, die Du über Dich selbst gewinnst.
Ich bin gespannt auf Deinen Kommentar über den Wert und die Bedeutung eines guten Timing.
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Hallo Michael,
vielen Dank für das Verlinken meines Artikels zur SMART-Methode.
Grüße
Sven von http://www.agile-master.de
Hallo Sven,
gern geschehen. 11 Jahre Berufserfahrung, das kommt mir bekannt vor 🙂
Viele Grüße
Michael
Ein großer Lesegenuss.
Vielen Dank Rene, freut mich ganz besonders.
Hallo Mike,
erst dachte ich, was sollen diese Seiten und was bezweckt er damit? Schreib‘ doch lieber ein Buch, doch dann dachte ich, der verwirklicht sich u. will Wissen weitergeben, der Weg ist doch egal. Ist das verkehrt? Nein, ich bin ja jetzt auch über 50 und frage ich nach 13 Jahren in meinem Job/gleicher Arbeitgeber (Callcenter-Bank), machst du alles richtig, kann ich was davon gebrauchen? Im Groben und Ganzen ja. Wir haben zwar auch Seminar u. Workshops, aber dort gibt es auch viel „Laberei“ und man nimmt nicht viel davon mit, außer „dass wusste ich doch irgendwie schon“ und ändern tut sich nicht wirklich viel.
Ich werde an deinen Seiten mal „dranbleiben“, was da noch so kommt und gebe dir ggf. nochmal eine Einschätzung. Bank hat zwar mit Amt nicht so viel gemeinsam, sollte aber hier egal sein.
Lieben Gruß Frank
Was für ein bärenstarker Kommentar Frank,
zuerst war ich erschrocken über die prächtige Ehrlichkeit. Ich dachte: „Den werde ich nicht genehmigen mein alter Freund“, aber mit jedem weiteren Satz lernte ich Deinen Kommentar schätzen. Ganz wichtige Fragen, denn es geht um dieses Dein Leben und was Du damit machst. Kommst Du zum Ergebnis, dass es grundsäztlich passt, dann hast Du wohl Vieles richtig gemacht. Alles Weitere wird sich finden. Wenn Du noch einmal etwas anfangen MUSST, dann wirst Du das schon spüren. Und Du hast Recht: Mitarbeiter einer Großbank dürfen sich hier sicherlich angesprochen fühlen. Schau‘ gern mal wieder vorbei und lass‘ mich wissen, was Du denkst!