Jede Behörde möchte sich heutzutage durch unternehmerisches Handeln auszeichnen. Exzellente Unternehmen haben Leitbilder.
Daher geben sich immer mehr Behörden im öffentlichen Dienst ein Leitbild. Wir finden zum Beispiel in den Leitbildern der Arbeitsverwaltung Antworten auf die Fragen …
- Wofür sind wir da?
- Was wollen wir erreichen?
- Wie wollen wir das erreichen?
Jobcenter, kommunale Arbeitsverwaltungen und Arbeitsagenturen werden auf der Grundlage der Sozialgesetzbücher tätig.
Vor diesem Hintergrund entwickeln Mitarbeiter ihre Kundenorientiertheit. Nach Maßstäben unternehmerischen Denkens.
Dazu kommen die Vorgaben aus der Politik. Die werden bis auf jede noch so kleine Behörde herunter gebrochen.
Die Amtsleiter, heute sprechen wir von Geschäftsführern, bestimmen, wie ihre Behörde dahin kommt, die politischen Ziele zu erfüllen.
Da es modern ist und das Handeln eines modernen Unternehmens auszeichnet wurde wohl auch in Deiner Institution ein Leitbild entwickelt.
Daran wollen sich alle gemeinsam orientieren. Alle mögen auf einer gemeinsamen Grundlage handeln. Und alle mögen sich den Zielen und Werten ihrer Institution verpflichten.
Aber, kennst Du das Leitbild Deiner Behörde?
Falls nicht, kein Problem. Nimm’ Dir die Zeit, um es zu studieren. Allein seine Existenz ist vielen Mitarbeitern ein Geheimnis.
Frag’ Deine Kollegen, ob sie das Leitbild Deiner Institution kennen. Frag‘ sie,
- was sie davon halten …
- womit sie sich identifizieren können …
- welche Rolle das Leitbild für ihren Arbeitsalltag spielt …
Frage Dich selbst, welche Bedeutung das Leitbild für Deine Tätigkeit hat. Sprich darüber mit Deinen Kollegen. Hinterfrage, was Du liest.
Prüfe das Leitbild in seiner Funktion als Vermittlungshilfe für komplexe Situationen. Prüfe es als Sinnangebot an Dich als Mitarbeiter.
Vergleiche Deine eigenen Überzeugungen oder Haltungen mit denen des Leitbildes Deiner Organisation.
Hast Du das Gefühl, das Leitbild ist ein Papiertiger?
Angefüllt mit bedeutungsschwangeren Begriffen und Ansprüchen, denen keiner in Deiner Institution gerecht zu werden scheint? Vermutlich wurde es in weiten Teilen abgeschrieben.
Die Geschäftsführung hat ein Leitbild haben wollen, ohne selbst darin Impulse zu setzen. Eine Arbeitsgruppe von fleißigen Kollegen hat emsig ihren Job gemacht.
Die Arbeitsgruppe hat das Leitbild aufs Papier gebracht und damit ihre Aufgabe erledigt. Nachdem es dokumentiert ist wird das Leitbild im besten Falle auszugsweise über den großen e-mail-Verteiler kommuniziert.
Wir werden aufgefordert, es in unseren Teamsitzungen zu besprechen.
Wir werden daran erinnert, dass es das Leitbild gibt und vielleicht sprechen wir sogar über das eine oder das andere Thema, das an uns herangetragen wird.
Über kurz oder lang wird das Leitbild als digitales Dokument in einem Ordner abgelegt.
Von selbst kommt das gute Stück da nicht heraus. Und es wird in den seltensten Fällen konsultiert.
- Warum gerät es in Vergessenheit?
- Warum sieht sich niemand veranlasst, damit zu arbeiten?
Im schlimmsten Falle hat die Geschäftsführung ein sehr untergeordnetes Interesse an der Verwirklichung von Inhalten des Leitbildes.
In diesem Falle muss es nicht wundern, wenn sämtliche Mitarbeiter in den (Führungs)Hierarchien kaum darüber reden. Selbst wenn sie die Inhalte befürworten.
Gehen wir davon aus, dass Deine Geschäftsführung an das Leitbild glaubt und ihre Haltung darauf baut. Dann irrt sie in der Annahme, es würde seine Wirkung von allein und ohne weiteres Zutun entfalten.
Weil es nun jeder kennt, würde er es auch zu seinem Handlungsleitfaden machen. Und jeder würde sich daran orientieren wollen.
Wenn das funktionierte, dann wären wir innerhalb kürzester Zeit mit komplexesten Erfahrungen programmierbar.
So wie Trinity in dem großartigen Science-Fiction-Kracher Matrix in Sekunden mit den Fähigkeiten programmiert wird, einen Helikopter zu fliegen. Aber dem ist nicht so.
Ein Leitbild an und für sich hat noch keine Qualität.
Die Qualität eines Leitbildes ist ausschließlich an seinem Gehalt für die Praxis zu ermessen. Nur zu oft ist unser Leitbild aber ein Papiertiger.
Die Arbeitsgruppe hat um die Inhalte gerungen. Das Konzept wurde mit den besten Absichten erstellt.
Es wurde von der Geschäftsführung und vielleicht einem Unternehmensberater für gut befunden und an alle Mitarbeiter verschickt.
Im günstigsten Falle sind wir einverstanden mit den Sätzen, die auf geduldigem Papier niedergeschrieben sind.
Häufiger stellen wir fest, dass uns Einstellungen, Haltungen und Annahmen aus dem Leitbild in der Praxis selten begegnen. Warum
- widersprechen die Erfahrungen des Arbeitsalltags den Linien des Leitbildes?
- lebt das Leitbild neben der Praxis und
- wird es nicht gelebt?
Warum tut sich das Leitbild (einer Behörde) so schwer mit der Realität?
Das Leitbild setzt Maßstäbe. Was ist unser Auftrag? Hat dieser Auftrag Realitätswert? Empfinden wir den Auftrag stimmig mit unseren eigenen Ansprüchen?
Und was noch viel wichtiger ist: Können und dürfen wir unsere Haltung dazu kommunizieren? Und wer legt Wert darauf, dass wir uns darüber mitteilen?
Wenn Du diese oder ähnliche Fragen hast, dann brauchst Du Antworten darauf. Deshalb tust Du gut daran, diese Fragen immer wieder zu stellen.
In Respekt und Wertschätzung, aber kompromisslos. Immerhin geht es um nichts weniger als die Entwicklung Deiner Haltung.
Es geht um Deine Motivation. Es geht um die Entwicklung Deiner Persönlichkeit. Und dafür lohnt es sich doch zu investieren, oder?
Braucht es jemanden, der uns das Leitbild vorlebt?
Ich behaupte mutig, wir sind soweit, dass wir darauf verzichten können. Ich glaube, es ist an der Zeit, die Verantwortung selbst in die Hand zu nehmen.
Die Zeit der großen Meister und Vorbilder gehört der Geschichte an. Heutzutage geht es darum, dass wir selbst Verantwortung tragen lernen.
Es geht darum, eine Haltung zu entwickeln. Aus dieser heraus für seine Entscheidungen zu argumentieren. Und schließlich mit Entschlossenheit zu handeln.
Das klingt ein bisschen, wie aus einem Handbuch zum Führungskräfteseminar, nicht wahr?
Tatsächlich werden in Zukunft die Grenzen von Führen und Geführt werden verschwimmen.
Das ist meine feste Überzeugung. Und das wird auch für sehr hierarchisch organisierte Institutionen und Unternehmen und auch für Behörden gelten.
Gleichwohl beobachten wir unsere Chefs und wir erkennen, ob sie sich dem Leitbild gemäß verhalten.
Ob ihre Führungsprinzipien sich tatsächlich am Leitbild orientieren.
Wenn Du Gelegenheit dazu hast, beobachte Deine Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeiter auch aufmerksam in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen.
Merke Dir Deine Beobachtungen oder schreibe sie auf und besprich’ sie mit Dir vertrauten Kollegen. Du bist nie der einzige mit dem, was Du wahrnimmst.
Sei Dir dessen gewiss. Du wirst immer Kollegen finden, die genau das oder ähnliches auch bemerken.
Prüfe das Leitbild auf seinen Realitätsgehalt und Wert für den Arbeitsalltag.
Es ist zunächst leichter, bei den Anderen Unstimmigkeiten aufzudecken, als selbst authentisch zu handeln. Aber das ist legitim.
Eine Haltung ist ständig in Entwicklung. Sie wird fortwährend geübt und in der Wirklichkeit auf ihre Verwendbarkeit geprüft.
Doch darüber mehr in den kommenden Beiträgen.
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Nicht alle Teamleiter, Bereichsleiter oder Geschäftsführer wollen Führungspersönlichkeiten im Sinne eines Leitbildes sein.
Und auch nicht alle Mitarbeiter wollen ihre Loyalität in den Dienst einer Führungshierarchie stellen.
Aber immer erlebe ich das Bemühen um fachliche Loyalität von Mitarbeitern gegenüber ihren Führungskräften.
Selbst in solch sensiblen Bereichen wie der Kundenbetreuung im Bereich der Sozialgesetzgebung. Da, wo es um existentielle Fragen von Kunden geht.
Und da, wo viele unserer Kunden mehr Unterstützung brauchen, als rein informative Beratung.
Beratungsdienstleistungen am Rande existenzieller Lebenssituationen erfordern fachliche Expertise und die reife Haltung einer entwickelten Persönlichkeit. Und …
Haltung ist nicht verhandelbar, sondern nur vertretbar.
Im Zweifelsfall eben auch gegenüber der Führungskraft. Mit der Beantwortung der Frage nach dem Wie setzt uns das Leitbild Maßstäbe.
Für den zwischenmenschlichen Umgang mit unseren Kunden, aber auch mit Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten.
Haltungen und Meinungen sind nicht immer gleich. Sie entwickeln sich mit unserem Wissen und unserem Bewusstsein.
Unsere Urteilsfähigkeit entwickelt sich mit unseren Erfahrungen.
Soll das Leitbild Quelle der Inspiration und Anregung sein? Soll es dafür stehen, dass wir uns daran entwickeln mögen?
Dann ist es einfacher für uns, wenn insbesondere vorgesetzte Kollegen es in ihrem Arbeitsalltag leben. Es nutzt uns, wenn sie als Beispiel dafür dienen.
Wenn sie vormachen, wie sie es zu verwirklichen suchen.
Ein Leitbild, das seinen Namen verdient, ist inspiriert von Kundenorientiertheit nach außen und nach innen. Nur von dort aus beginnt es Wirkung zu entfalten.
Wo keine Kundenorientiertheit herrscht, kann ein Leitbild keine wirksamen Haltungen beschreiben.
Kundenorientiertheit ist Voraussetzung für ein Leitbild, das auf Glaubwürdigkeit baut.
Haltung im Allgemeinen und Kundenorientiertheit im Besonderen bewährt sich nicht an täglichen Routinearbeiten.
Auch nicht an Aufgaben, die wir ohne große Mühen und Aufwand bewältigen. Sie schärft sich am Konflikt.
Die Grenzerfahrung ist die Herausforderung für die Haltung. Nicht das, was uns zur Routine geworden ist.
Ein Leitbild kann inspirieren, wenn es Mut macht, diesen Erfahrungen nicht aus dem Wege zu gehen.
Es kann dazu beitragen, dass wir unsere Haltung hinterfragen und sie entwickeln. Und das gilt für alle hierarchischen Ebenen gleichermaßen.
Wird das Verhalten im Arbeitsalltag vom Leitbild der Institution geprägt? Oder hat fachliche Loyalität gegenüber Vorgesetzten Priorität?
Oder Loyalität gegenüber der Weisungslage der Geschäftsführung? Und welche Rolle spielt dabei die Kundenorientiertheit?
Sicher, loyales Verhalten gegenüber Vorgesetzten oder gegenüber Kollegen kann Ausdruck großen Vertrauens sein und die Beziehung stärken.
Loyalität kann das angemessene Mittel sein, um jemanden nicht in Pfanne zu hauen, der offenkundig das Falsche tut. Dafür kann es ein Dutzend Gründe geben.
Loyalität kann aber kein Prinzip sein, dem sich die Haltung unterzuordnen hat. Loyalität kann nicht eingefordert werden.
Es macht eben einen Unterschied, ob Du für eine Haltung stehst, oder ob Du im Zweifel bloß nichts falsch machen willst.
Fazit
Unternehmenskultur ist heutzutage nicht mehr vorstellbar ohne ein inspirierendes Leitbild. Es holt die Mitarbeiter dort ab, wo sie stehen. Es eröffnet ihnen eine motivierende Vorstellung von Zielen für die Zukunft. Das ist sogar im öffentlichen Dienst angekommen. Ein Leitbild gibt Antworten auf wesentliche Fragen …
- Wofür sind wir da?
- Was wollen wir erreichen
- Auf welche Weise wollen wir es erreichen?
- Wie gehen wir mit unseren Kunden und Partnern um?
- Wie gehen wir miteinander um? … und …
- Was tun wir wie in Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung?
Es sind Menschen, meistens Kollegen, die dieses Leitbild verfasst haben. Es wird sich für Dich lohnen, das Leitbild zu prüfen. Beurteile selbst, ob die Wirklichkeit Deiner Behörde erfüllt, was das Leitbild verspricht. Und es wird eine wertvolle Quelle sein für die Entwicklung Deiner eigenen Haltung.
Was findest Du am Leitbild Deiner Institution inspirierend? Ich freue mich auf Deine Kommentare.
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