Es handelt sich um einen juristischen Begriff mit dem Anspruch der Einordnung eines Geschehens, in dem eine Person für die Beendigung der Lebensfunktionen einer anderen Person verantwortlich gemacht, ohne dass ihr dabei absichtsvolles Handeln unterstellt wird. In unseren Denkgewohnheiten neigen wir zu einer gewissen Entschuldbarkeit des Vorgangs oder doch zumindest zu seiner wohlwollenden Beurteilung, vielleicht verbunden mit der Erwartungshaltung von Schuldbewusstsein, Reue und einem schlechten Gewissen dessen, der verantwortlich gemacht wird und dass er dies auch zu signalisieren fähig sein sollte.
Völlig unangemessen, geradezu verrückt erschiene uns das Verhalten eines Protagonisten, der sich beim Adressaten seiner fahrlässigen Handlung bedankt und den Abschied von ihm mit einem freudvollen Ritual zelebriert … Gleichwohl möchte ich in dem gewissermaßen bislang persönlichsten Beitrag auf dem Amtsschimmel aber einige Gedanken zum Besten geben, die vielleicht einen Zugang zu diesem Erleben erahnen lässt, das unser Alltagsbewusstsein auf eine andere Ebene zu heben und unser Vorstellungsvermögen zu erweitern vermag.
Ziel dieses ‘kleinen Versuchs zur geistigen Durchlüftung’ ist zum einen die vertiefende Verarbeitung einer persönlichen Erfahrung mit diesem Thema und möge zum anderen darüber hinaus eine Ermunterung zur Auseinandersetzung des geneigten Lesers mit Trauer, Schuld, Scham und Tod im Allgemeinen, sowie eine Anregung zur Erkundung des persönlichen Nahbereichs sein, der für jeden von uns persönlicher Erfahrungsraum für diese Erlebnisse ist.
Doch zunächst blicken wir noch einmal auf das kollektiv geprägte Alltagsbewusstsein, das uns in Rechtswesen, Religion und Spiritualität, in Beratung und Therapie und in ritualisierten Umgangsformen Kommunikation und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Sterben und Tod und insbesondere fahrlässiger Tötung anbietet. Wir werden diese einzelnen Bereiche in einem mehr als oberflächlichen Sinne streifen, bevor wir uns einer anderen und im günstigsten Falle inspirierenden Sichtweise nähern. Wird hier auf Verständnisprozesse im Alltagsbewusstsein hingewiesen, dann sind damit im weitesten Sinne die Schilderungen in Anlehnung an den Wikipediaartikel zum Thema Tod umfangreich dargestellt sind und hier nicht weiter erörtert werden sollen.
Fahrlässige Tötung und Rechtswesen
Die juristische Einordnung der fahrlässigen Tötung reicht uns einen Maßstab von kollektiver Übereinkunft in der Beurteilung eines Geschehens, das aus moralischen und ethischen Gründen einerseits und aus kommerziellen Gründen andererseits die Tat bewertet, in Folge derer ein anderes Lebewesen stirbt. Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung wird auf ein empirisches Maß reduziert und die Ursache wird in Grade der zuzuordnenden Schuldhaftigkeit eingeteilt, woraus sich ggf. das Strafmaß ableiten lässt (Ähnlichkeiten zur Gerichtsbarkeit der Kirche vor Humanismus und Aufklärung sind rein zufälliger Natur und stellen den Fortschritt durch Säkularisierung natürlich keineswegs in Frage).
So funktioniert unser Rechtswesen, es zielt auf eine möglichst eindeutige Zuordnung von Täter und Opfer und wir glauben, das sei die alternativlose Methode zur Aufrechterhaltung einer Ordnung für die Gemeinschaft. Die (monetäre) Bestrafung verfolgt die Absicht der Sühnung der Tat und der Prävention zukünftiger Unaufmerksamkeit sowie der Wiedergutmachung an das Opfer bzw. das Kollektiv. Stünden dahinter nicht die Rechtswissenschaften, man könnte es für einen Schuldkult halten.
Religion
Vielleicht ist die Verbindung zu den spirituellen Quellen ihrer Geschichte in keiner der großen Religionen jemals vollständig abgetrennt gewesen. Menschen scheinen mit einem Teil ihres Selbst, sofern sie nicht gänzlich von ihrer Quelle getrennt sind, diese Verbindung unauflöslich auf einer intuitiven Ebene zu erleben. Kirchliche Trauerfeiern und Beisetzungen gehören nach wie vor zum stabilisierenden Ritual für die Zurückgebliebenen, das soziale Umfeld aus allen Lebzeiten kommt zusammen, nimmt Anteil und die Teilnehmer besinnen sich für einen Moment der zum Leben gehörenden Vorstellung des Todes.
Aber dieser Rahmen ist abgesteckt. Er bietet kaum noch vorstellbare Verknüpfungen zu Prozessen, die sich außerhalb unseres Alltagsbewusstseins abspielen und ist nur noch schwacher Ausdruck darüber hinaus weisender Eingebundenheiten des Menschen und seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten.
Der Pfarrer oder Priester mag seinen Vermittlungsauftrag ernst nehmen, in seiner Predigt einfühlsame Worte für die Würdigung des Lebens des Verstorbenen finden und bemüht sein, für eine sich mit ihrem Körper identifizierende Zuhörerschaft Brücken zu anderen Welten zu schlagen. Allein die Wirklichkeit des Gemeindelebens ist vielschichtig durchdrungen von materialistisch geprägtem Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Handeln, das unserem Alltagsbewusstsein entspricht und Konzepte dieser illusionären Kinderwelt bedient.
Das Gemeindeleben, soweit es überhaupt noch lebendige Impulse empfängt, wird durch das belebt, was den öffentlichen Raum ohnehin durchdringt: Ideologische Begrifflichkeiten und Symbole, die in scheinbarer Eintracht und Konformität den Glauben an alles beschwören, was die Religion als Teil herrschender Systematik auszeichnet. Der institutionalisierte Charakter religiösen Lebens hat Verwaltungscharakter, ist von personellen, ideellen und ökonomischen Verflechtungen durchdrungen und von übergeordneten Strukturen abhängig. Kontaktschuldgefühle und Gruppendruck sowie hypnotisierende Suggestionen in den Medien bannen darüber hinaus weisende Kräfte.
Psychologische Bewältigung
Der Psychologe erwartet im Falle der unbeabsichtigten Tötung insbesondere eines (nicht zwangsläufig menschliches) Wesens, zu dem eine Beziehung besteht, beim Täter eine traumatische Erfahrung, die mit Schmerzen des Verlustes und Schuldgefühlen einhergeht. Für gewöhnlich wird dieser Schmerz im Rahmen unseres Zeiterlebens eine mehr oder weniger kleinschrittige Auflösung erfahren: ‘Die Zeit heilt alle Wunden’, die Umgangssprache verrät eine vorteilhaft scheinende Gesetzmäßigkeit unseres Alltagsbewusstseins.
Je nach Schwere der traumatischen Verlusterfahrung wird es innerer Einkehr und bewusster Auseinandersetzung, also differenzierender Gespräche mit einem vertrauten Menschen oder Therapeuten und einer individuell unterschiedlichen Dauer der Trauer und Abwendung vom persönlichen Alltag bedürfen. Die Konzepte, auf deren Grundlage die Verarbeitung angegangen wird, sind mehr oder weniger bewusster Natur und bieten in der Regel Lösungsansätze im Vorstellungsrahmen von Zeit und Begreifen durch Begriffsbildung, tiefenpsychologische Aufarbeitung persönlicher Erfahrungsebenen oder auch mechanistische Trainings zur Neuprogrammierung von Gedanken und Gefühlen.
Demzufolge dienen die “professionellen” Angebote für gewöhnlich noch der Rationalisierung der persönlichen Erfahrungen auf der Basis mehr oder weniger umfangreicher Konzepte, die aber, solange sie institutionelle und damit auch monetäre Anerkennung in Form von Kostenübernahme durch private und gesetzliche Krankenkassen erfahren, im gewöhnlichen Raum-Zeit-Alltagsbewusstsein zu verorten sind.
Allerdings dürfen wir mittlerweile beschleunigend des Umstandes gewahr werden, dass mehr und mehr Bediensteten in unseren Einrichtungen, Behörden und Verwaltungen sowie auf dem Spielfeld der sogenannten “freien” Berufe, der “freien” Wirtschaft und der (frei)beruflichen “Selbständigkeit” der Rahmen des erlaubten Denkens und Wirkens zu eng wird und infolgedessen bereits nicht wenige mit ihren erweiterten Fähigkeiten des Bewusstseins noch unter dem Radar des Qualitätsmanagements prüfender Instanzen der Matrix agieren und folglich im sich vollziehenden Wandel mitwirken.
Im institutionalisierten Umfeld einiger dieser Akteure gibt es daher bereits bemerkenswerte Aktivitäten jenseits des Mainstream, die durch die sozialen Netzwerke Verstärkung erfahren und wie Imagozellen an der Metamorphose der Menschheit mitwirken.
Ritualisierte Umgangsformen
kommen mit einem Mindestmaß an empathischem Empfinden und mitfühlendem Verhalten aus. Sie erschöpfen sich in der Wahrung der Form von äußerem Erscheinungsbild (dunkler Kleidung), floskelhafter Gesprächsführung in kurzen und leisen Sätzen (herzliches Beileid), aber auch in schriftlichen Kundgebungen, die persönliche Aspekte des Verstorbenen fokussieren (er liebte sein Ehrenamt und pflegte gewissenhaft seinen Garten) und in der Darstellung persönlicher Betroffenheit (wir trauern um ein geliebtes Teammitglied).
Mit den Ritualen erschaffen wir uns freie Räume der Anonymität, in denen wir das allzu Private oben beschriebener Verarbeitungsprozesse mit Anerkennung unseres Umfelds verbergen dürfen und uns gleichwohl als funktionierendes Mitglied unseres sozialen Umfelds erweisen, in dem wir beispielsweise den Tod im wahrsten Sinne des Wortes mit Ehr-Furcht und allenfalls blinzelnd beäugen. Das kleine Kind in uns verschließt vor dem Furchterregenden die Augen in dem Bewusstsein, es könne dem Anblick des eigenen Todes ausweichen, solange es nicht hinschaut. Ein wesentliches Moment der Stabilisierung unserer Kinderwelt.
Allerdings erwächst aus der Wirklichkeit des Wegschauens auch eine unübersehbare Konsequenz, die zunehmend ins Bewusstsein drängt. Die angebotenen Erklärungs- und Bewältigungsmodelle werden den geistigen Bedürfnissen der Menschen nicht mehr gerecht. Sie bleiben unbefriedigend und scheinen die Realität nur noch abzubilden, wenn wir unseren Gesichtskreis immer weiter einschränken und das Offenkundige mit weiter wachsendem Aufwand leugnen, was bereits viele Zeitgenossen nicht mehr mitzutragen bereit sind, wenn sie auch meist noch keine tragfähigen neuen Konzepte entwickelt haben. Es scheint an der Zeit zu sein, seine alten Vorurteile durch neue zu ersetzen.
Der Tod ist wirklich und auch wieder nicht
Was allein schon das Schmerzhafteste ist, was sich vorstellen lässt – gewaltsam aus dem Gefühl der Zugehörigkeit, des Einsseins, der Richtigkeit mit Allem Was Ist herausgerissen zu werden. Das ist wirklich überhaupt nicht nett und kann mit Erschütterungen des Weltbildes einhergehen.
Setzt ein junger uns vertrauter Mensch, vielleicht sogar ein enger Freund, sagen wir im Alter von 24 Jahren seinem Leben ein Ende, dann sind wir fassungslos. Es handelt sich nicht mehr “nur” um fahrlässige, sondern um vorsätzliche Tötung. Wir würden gar von Mord, nämlich von Selbstmord sprechen, uns möglicherweise in einen Zustand der Abgelöstheit aus dem Alltagsbewusstsein versetzt finden, bevor wir uns der drängenden Fragen gewahr werden, die nach Klärung verlangen.
Wie groß müssen die seelischen Schmerzen gewesen sein, die eine Qual für das Weiterleben waren? Wie gewiss muss die Unmöglichkeit der Heilung gewesen sein? War die Öffnung der Pforten zu vertieftem Bewusstsein zu plötzlich und zu umfangreich erfolgt? Hatten unbekannte Kräfte die Normalität seines Alltagsbewusstseins erschüttert und mit welchem Ziel? Warum waren die Menschen in seinem Nahbereich so überfordert, dass sie sich abwandten?
Die Psychiatrie antwortete auf seine Besessenheit mit Diagnostik, Freiheitsentzug und Pharmazie. Die Hilflosigkeit der Experten war ein unumstößlicher Beweis für die Grenzen ihrer Wissenschaft und deren Ahnungslosigkeit von darüber hinaus wirkendem Geist und seinen Gesetzmäßigkeiten.
Wir dürfen davon ausgehen, dass wir in allen Epochen untergehender Zivilisationen mannigfache Angebote eines über den Mainstream hinausreichenden Verständnisses von geistigen Welten erhalten haben. Das sind für die laufende Phase der Verwandlung sicherlich nicht nur Menschen gewesen, die als Religionsstifter, technische, künstlerische und wissenschaftliche Genies sowie Lehrer, Geschichtsforscher, Schriftsteller einen Platz in unserer Erinnerung eingenommen haben, sondern viele uns immer unbekannt bleibende und im Verborgenen wirkende Menschengeschwister.
Besonders hervorgehoben seien hier die Lehren des Don Juan, der den jungen und wissbegierigen, aber ahnungslosen Carlos Castaneda in die Lehre nahm und ihn in unbekannte Gebiete seines Vorstellungsvermögens führte. Eine wunderbare seiner Lehren handelte vom Tod als einem ganz persönlichen Geistwesen, das den Menschen sein ganzes Leben lang unmittelbar begleitet, ihm immer wenn er es wünscht, für schwierige Entscheidungen als Ratgeber zur Verfügung steht und eines Tages den Menschen sanft an seiner Schulter berühren wird, um ihm das Angebot zu machen, die Bühne seines Lebens nun zu verlassen. Der für diese Vorstellung offene Geist fühlt die Nähe zu Wahrhaftigkeit und Stimmigkeit, die kein noch so blitzklarer Gedanke ergründen, geschweige denn dem Verständnis zugänglich machen kann.
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Das Konzept des Zufalls hat in unserer Sprache mancherlei Ausdruck gefunden, ein sicherer Beleg dafür, dass uns das magische Denken schon vor langer Zeit abhanden gekommen ist. Im Gegenteil wird es psychiatrisch klassifiziert und ist ein Symptom für schwere psychische Störungen. Ein klinischer Psychologe erklärte einst während seiner Vorlesung, das Verrücktsein werde für den Protagonisten zu einem Problem, wenn er seiner Verrücktheit ausgeliefert sei und aus freien Stücken nicht auf das Spielfeld der ‚Normalität‘ zurückfinde, denn dann stünden die Chancen gut, dass er pathologisiert werde.
Dabei ist das Konzept des Zufalls im wahrsten Sinne des Wortes sterbenslangweilig für einen halbwegs wachen Geist. Noch vermag ein milliardenschwerer Wirtschaftsfaktor, der medizinisch-pharmazeutische Komplex auf der Grundlage der Denkvorgänge unseres Alltagsbewusstseins dem ZU-Fall ein Schnippchen zu schlagen, ihn zu überlisten oder vielmehr aus der Schöpfung zu hebeln.
Warum und mit welchem Ziel dem einen etwas passiert, wovor der andere verschont bleibt, ist ein Geheimnis, das der materialistisch und rational geprägte Verstand lieber ausblendet oder es aus Selbstschutz herablassend verhöhnt, oftmals auch schlicht ignoriert. Im Falle des unerwarteten Todes oder der unbeabsichtigten Tötung wird er als Werkzeug des Trostes verwendet oder dient als Objekt der Schuldzuweisung und damit als Entlastung für alle, die sich im Zusammenhang des Geschehens irgendwie verantwortlich fühlen und sich Vorwürfe machen.
Als Ausdruck von Mitgefühl lassen wir uns das gern gefallen und es hilft sicherlich, den Schmerz zu lindern. Für den Menschen, der sich seiner Anbindung an die Quelle von Allem bewusst ist oder sich auf dem Wege dahin befindet, sich ihrer gewahr zu werden, muss dieses Konzept unbefriedigend und immer lebhftes Motiv bleiben, sich aus den emotionalen Verhaftungen mit der Kinderwelt seiner geistigen Verfassung lösen zu wollen.
Dankbarkeit
Wir nähern uns jetzt langsam der verrückten Idee vom Anfang dieses Beitrages. Der Begriff Dankbarkeit taucht in unserem Leben als etwas Abstraktes auf, das unsere Eltern uns anleiten, zum Ausdruck zu bringen, wenn wir z.Bsp. ein Geburtstagsgeschenk bekommen. ‘Danke’ ist das Wort der Entgegnung auf etwas, was uns wohlwollend zuteil wird und wir lernen, damit auszugleichen, was scheinbar durch die Gabe ins Ungleichgewicht geraten ist. Fehlende Dankbarkeit wird mit schlechter Erziehung gleichgesetzt. (Dass die Postmoderne dieser Form des Erlernens von Gemeinschaftsfähigkeit entsagt hat, erwähnen wir an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber, denn wer, anders als wir selbst, könnte für diese Verwicklung verantwortlich zeichnen?).
Es liegt an uns und dem, was wir anderen vorzuleben imstande sind, ob solche ersten Einweihungen in soziales Erleben mit Gefühlen und Gedanken in Harmonie gebracht werden können. Freilich wollen wir nicht vergessen, dass auch ein angemessener Umgang mit dem Gegenteil, also schlechter Erziehung, gelernt werden will. Es ist vielmehr die nächste Schwierigkeitsstufe in diesem Spiel des ‘In Liebe leben’-Lernens. Aber zurück zur Dankbarkeit im Zusammenhang mit Geschehnissen, die wir abzulehnen, uns davon abzugrenzen und sie auszuschließen erlernt haben.
Es widerspricht der Vernunft, den Tod als etwas zu betrachten, was Teil von etwas Umfassenderen ist und es kann als sehr unangemessen und geradezu lächerlich erscheinen, den Tod als Anlass für ein freudiges Gefühl zu empfinden. Ohne die Voraussetzungen für dieses Verständnis vermittelt zu haben, werden wir die Leute vor den Kopf stoßen. Die Wahrheitsbewegung und ihre allenfalls mitleidige, viel häufiger aber empörte und wütende Herablassung gegenüber ‘Schlafschafen’ legt mannigfach Zeugnis davon ab, wie missionarischer Eifer das Mitteilungsbedürfnis nährt und dabei in erster Linie selbstsüchtigen Zwecken dient.
Die Voraussetzungen zum Verständnis des Todes als Ereignis eines größeren Prozesses haben wir hier nur vage angedeutet und wollen es dabei auch bewenden lassen, gleichwohl wollen wir den Kreis schließen und auch die fahrlässige Tötung, allgemeiner gesprochen die Verantwortung für das Ableben eines anderen Wesens ‘aus Versehen’ aus einer nicht ausschließlich Schuld-, Scham- und Sühne-verzerrten Perspektive zu betrachten.
Vor dem Hintergrund der Bereitschaft und inneren Resonanz mit einer sogenannten ‘Unsterblichkeit’ gilt es also, Zusammenhänge zu entdecken, die uns eine Perspektive des Lernens, des Wachstums und des erweiterten Verständnisses erlauben. Bodenlose Phantasiekonstrukte haben hier wenig Bedeutung für die Wirklichkeit, sie zerfallen in Nichts, ähnlich der Illusion eines einstürzenden und sich dabei pulverisierenden Wolkenkratzers durch den Aufprall eines Düsenflugzeugs.
Ein erweiterter Blickwinkel
Befindet sich das Gewahrsein allerdings in einem Zustand erweiterter Kenntnisnahme, dann deuten Indizien auf gewisse Zusammenhänge hin, die Ausdruck unserer schöpferischen Fähigkeiten sind und zunächst zaghaft und selten, mit zunehmender Übung aber deutlicher und häufiger auf unsere Prozesse geistiger Emanzipation hindeuten und Anhaltspunkte für wachsendes Verständnis sind.
Der entscheidende Moment ist wie immer die Perspektive. Das Ziel psychologischer Bewältigungsstrategien ist das Annehmen. Annehmen von Verlust und Trauer in all ihren Facetten und im Falle der fahrlässigen Tötung sogar das Annehmen der eigenen Verantwortung, die sich nicht hinter dem “Versehen“ oder “Unabsichtlichkeit” versteckt, sondern ganz und gar im Moment der “Bitte um Verzeihung” ausgesprochen und damit verwirklicht ist.
Der ‘Täter’ geht geläutert aus diesem Prozess hervor, wenn es ihm gelingt, sich einen Reim auf das Geschehene zu machen, es in einen Sinnzusammenhang zu stellen, der über das gewöhnliche Zusammenhangsdenken hinausweist. Davon legen Läuterungsprozesse Zeugnis ab, die uns in der Redewendung “Vom Saulus zum Paulus” bekannt sind. Der ‘Täter’ wird zum ‘Retter’ und dient damit dem ‘Opfer’. Er realisiert einen Energieausgleich auf der Grundlage eines tieferen Gewahrseins.
Möglicherweise hat sich sein Leben vollkommen gewandelt, vielleicht hat er nun eine ganz andere Perspektive auf alles, was er wahrnimmt und wahrscheinlich überzeugt uns sein geläutertes Handeln durch Authentizität. Und dann ahnen wir, welchen Sinn das in seiner Perspektive macht, sich bei seinem ‘Opfer’ oder den Hinterbliebenen zu bedanken für die Tür zu einem erweiterten Gewahrsein, die sich ihm geöffnet hat und durch die er tatsächlich hindurch gegangen ist.
Die Dankbarkeit wird zu einem wesentlichen Merkmal dieser Erweiterung, die erst durch die schmerzvolle Erfahrung realisiert werden konnte. Diese Brücke zur Erfahrung der Verbundenheit mit Anderen kann sogar einen Schritt weiter führen, nämlich eine Ahnung davon zu bekommen, dass es einen Ausweg aus dem “Täter-Opfer-Retter-Dreieck” oder seiner komprimierten Essenz, dem Opferbewusstsein, gibt. Danach gilt es, diese Erfahrungen zu integrieren, um sie sattelfest, also für die Wirklichkeit des persönlichen sozialen Nahbereichs, brauchbar zu machen.
Fazit
Tod und insbesondere was wir unter fahrlässiger Tötung verstehen, ist eine mächtige Erfahrung im Leben eines jeden Menschen. Wir werden mit der Nase darauf gestoßen, wenn wir den Tod in unserem persönlichen Umfeld erleben und vielleicht sogar Verantwortung für das Ableben eines anderen Wesens übernehmen.
Der Tod ist die selbstverständlichste und jedem Menschen immer wieder aufs Neue zugängliche Gelegenheit zur Überwindung von Grenzen des Vorstellbaren und zur Erweiterung des eigenen geistig-seelischen Horizontes.
Um es mit den Worten von Zingdad in seinen ‘Ascension Papers’ zu sagen: “Der Tod wurde geschaffen, um [menschlichen] Wesen zu ermöglichen, ihre Durchreise zu unterbrechen, damit sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf ihren vorgesehenen Weg zurückgebracht würden.”
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