Ein Projektteam Studierender veranstaltet unter Mitarbeitern des Jobcenter eine Umfrage zum Thema Projektarbeit zur Entwicklung einer strukturellen Arbeitgebermarke. Sie möchten Empfindungen und Erfahrungen über das Jobcenter als Arbeitgeber ermitteln. Zeit sich einmal näher mit der Kommerzialisierung des Behördenwesens zu beschäftigen, denn dieses Thema steckt voller Überraschungen und Erkenntnismöglichkeiten, die sich freilich nicht in einem Blogbeitrag, sondern nur durch geduldiges Selbststudium und Selbsterfahrung erschließen lassen.
Berühren sie doch auf verschiedenen Ebenen und nicht immer in angenehmer Weise ganz grundsätzliche unserer Überzeugungen oder vielmehr unserer Glaubenssysteme und stellen sie in Frage. Einige geistige Befreiungsarbeit ist notwendig, bevor die gedanklichen Schritte in diese Richtung fruchtbar werden und nicht mehr als Bedrohung liebgewonnener Kenntnisse, sondern als Bereicherung des eigenen Vorstellungsvermögens wahrgenommen werden können.
Fangen wir an einer uns vertrauten Stelle unserer Arbeitsprozesse an. Wir haben die Menschen, mit denen wir in Arbeitsvermittlung und Leistungsgewährung zu tun haben als Kunden zu bezeichnen gelernt. Zu den inneren Widersprüchlichkeiten dieses Begriffs im Zusammenhang mit Sozialleistungen habe ich mich unter anderem in diesem Beitrag mitgeteilt. Hier soll es vor allem um die Funktion dieses Begriffs für unser Denken und unser Verständnis vom Großen und Ganzen gehen.
Unsere Sprache erschafft die Wirklichkeit und wenn unsere Denkprozesse bestimmte Begriffe verinnerlicht haben und selbst für die kritischen Geister unter uns als alternativlos gelten und auch empfunden werden, dann ist die Kommerzialisierung unseres Alltagsverständnisses zu einem Teil gelebter Realität geworden. Ganz ohne notwendige Überzeugungsarbeit, ohne belastende Dramatisierung und ohne Ausgrenzung Andersdenkender. Und Zwar mit der einfachsten Form der Programmierbarkeit unserer Gedankentätigkeit, der fortwährenden Wiederholung.
Das eingangs zitierte Projekt von Studierenden macht deutlich, dass der Mitarbeiter des Jobcenter diese Institution unter kommerziellen Gesichtspunkten einzuordnen gelernt hat. Die Arbeitgebermarke wird aus wettbewerbsorientierten Überlegungen zur Personalgewinnung entwickelt und dient der Erschaffung eines gedanklichen Bildes, das unsere Sehnsüchte nach einem glücklichen Berufsleben triggert und Erfüllung verspricht. Der Psychologe Phlipp Alsleben hat diese Art der Programmierung für 2 häufig damit verbundene Assoziationen auf den Punkt gebracht: Bei Geld ist das leichter zu erkennen, aber die Idee von Erfolg ist genauso ein Ersatz-Stoff, der nie glücklich machen kann, sondern es nur immer verspricht.
Es gibt keine Direktoren mehr sondern Geschäftsführer.
Was aber wie eine Modernisierung der Verwaltungsstrukturen daherkommt ist viel mehr als das, es berührt tiefgreifende Veränderungsprozesse, die unser gemeinschaftliches Zusammenleben organisieren. Reformbereitschaft wurde in den vergangenen Jahrzehnten zu einer alternativlosen inneren Haltung des modernen Menschen. Dabei entwickelte er nicht nur die Bereitschaft, Sicherheit und bescheidenen wirtschaftlichen Wohlstand zu opfern, sondern auch Werte, die das Zusammenleben seiner Eltern und Großeltern noch bestimmten und die in ihm mehr oder weniger fortleben.
Dabei vermuten wir eine Entwicklung vom Schlechteren zum Besseren. Zwar schüren die Begriffe des kommerziellen Denkens in uns das Gefühl von Unsicherheit, Existenzängsten, Maßlosigkeit und nähren die Sorge, nicht zu genügen, keine Anerkennung zu bekommen, den Anschluss zu verlieren und mit der Veränderung der Welt nicht mithalten zu können, aber irgendwie betrachten wir das Geschehen und die Geschichte als etwas, das den Zwecken dient, die in der Evolutions-Theorie! (es handelt sich bei diesem als Gewissheit empfundenen Konstrukt also um eine Annahme) beschrieben sind und auf das wir als Einzelne einen verschwindend geringen Einfluss haben.
Wir glauben tatsächlich an die Zusammenhanglosigkeit von Geschehnissen in der Welt und lassen uns die realen Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung immer in der Weise erklären, wie es von denen verstanden wird, die sich einen offensichtlichen oder verborgenen Vorteil aus diesen Erklärungsmodellen versprechen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, um den Glauben an zufällige Geschehnisse zu erschüttern, dann war die Pandemie wohl ein neuerlicher Höhepunkt dieser Verwicklung.
Aber zurück zur Firma Jobcenter, die uns ja immer noch als eine behördenähnliche Struktur erscheint, während wir Zeugen der Verschiebungen von Sinnhaftigkeiten werden, die in der Sprache ihren Ausdruck finden und selbst von denen anerkannt werden, die aufs tiefste mit dem herrschenden Modell unserer Gesellschaftsordnung im Denken, Fühlen und Handeln verwoben sind.
Der tief sitzende Widerstand gegen den Gebrauch von Begriffen, die nicht mehr das bezeichnen, was wir in einem umfassenden Sinne mit ihnen zum Ausdruck bringen wollen (zumindest wenn wir den Menschen als mehr betrachten als seine Person und einen Konsumenten), wurde selbst bei denjenigen Mitarbeitern angegriffen, deren Arbeitsweise von einer tiefen Wertschätzung des Anderen und hohen moralischen Ansprüchen geprägt ist.
Je nach ihrer tatsächlichen inneren Unabhängigkeit sprechen sie zwar gleichermaßen vom Kunden und der Kundschaft, schließen aber mit ihrer Wortwahl noch lange keinen Kompromiss, der die eigenen Wertmaßstäbe still und heimlich untergräbt, sondern finden Wege, sich dem Anpassungsdruck zu entziehen, während sie sich durch den Gebrauch der gewünschten Terminologie nach außen hin als Mitspieler tarnen, ihre kundenorientierte Arbeitsweise aber nach ihren eigenen Maßstäben definieren und auf diese Weise in ihrem Gegenüber dem Menschen gerecht zu werden trachten.
Zum tieferen Verständnis kommerzieller Abhängigkeiten von freier Wirtschaft, Unternehmensstrukturen in öffentlicher Hand, von öffentlichen Geldern abhängiger Institutionen und Verwaltungseinheiten wie dem Jobcenter sei der Beitrag Arbeitsverwaltung – wer profitiert? empfohlen. Ohne wenigstens grundlegende Kenntnisse herrschender Strukturen können wir keine Ahnung vom Ausmaß der Zusammenhänge bekommen, mit dem wir unser verwickeltes Verständnis dieser Strukturen Schritt für Schritt ent-wickeln und unsere eigene Funktion darin wirklichkeitsgemäß darstellen und begrifflich erfassen können.
Ich habe immer wieder von kommerziellen Strukturen, sowohl auf der Ebene wirtschaftlicher Beziehungen und Abhängigkeiten sowie auf sprachlicher Ebene und damit in der Welt unserer Gedanken und Vorstellungen gesprochen. Wer sich mit den Hintergründen der Thematik von Mensch und natürlicher bzw. juristischer Person beschäftigt hat, der wird auch auf einer anderen Ebene mit dem Begriff des Kommerz in Kontakt kommen und ahnen, dass Kommerz und Recht sowie Rechtsprechung aufs Engste miteinander verbunden sind.
Wenn wir uns mit dem Kommerz als einem Regelwerk von verborgenen Gesetzmäßigkeiten beschäftigen, für die es zwar Indizien gibt, die aber unserer Überprüfung nur bedingt zugänglich sind, wenn wir also die Unabhängigkeit unserer Geistestätigkeit so weit entwickelt haben, dass wir unseren inneren Widerstand in Form von Emotionen, Zweifeln und Voreingenommenheiten gegenüber fremd anmutenden Gedankenkonstruktionen versuchsweise auszublenden imstande sind, um uns einen Reim darauf zu machen, dann wird sich uns eine neue Welt erschließen oder richtiger ausgedrückt, wird unser Zusammenhangsverständnis der alten Welt möglicherweise auf ein neues Niveau gehoben.
Aber auch hier gilt, jeder in seinem Tempo und mit seiner Herangehensweise, denn dieser Weg ist so individuell wie der Mensch als geistig sittliches Wesen im Unterschied zur vom Menschen erschaffenen Person ist, die dazu dienen soll, das gemeinschaftliche Leben zu organisieren. Jeder löst seine Denk- und Verhaltensblockaden zu dem ihm gemäßen Zeitpunkt. Die Anregungen dazu sind vielfältig und das Thema Kommerz ist in gewisser Weise von übergeordneter Art, da politisches und ökonomisches, aber auch wissenschaftliches und persönliches Verständnis von Ursachenbeziehungen in unserer Vorstellung von Realität ihm untergeordnet, ja sogar vom Kommerzwissen ausgehend aufgebaut zu sein scheinen.
Kommerz, mit all den Facetten seines Wirkens in unserer Lebenswirklichkeit, wird von den allermeisten Menschen nur in seinen oberflächlichen Erscheinungsformen als Ökonomie, Wirtschaft, Unternehmertum, Einkommen sowie kaufen und verkaufen wahrgenommen. Dass es viel tiefer verborgenen Gesetzmäßigkeiten folgen dürfte, erahnen wir mit jeder Erweiterung unserer Wahrnehmung für offenkundige Widersprüche und Unstimmigkeiten, die sich insbesondere hinter Rechtsfragen verbergen.
So wie Antworten auf das ständige Fragen des Kindes nach dem Warum sein Verständnis für logische Zusammenhänge fördern, so können wir wieder unser Interesse nach (Hinter)Gründen wecken und unser logisches Denkvermögen schulen, wenn wir diesen inneren Impuls des Wissen wollen wieder entdecken oder neu erfahren und begreifen, was der Unterschied zwischen glauben und verstehen ist.
In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, sich mit dem Naturrecht vertraut zu machen, die Begriffsdefinitionen zu studieren und den Unterschied zum menschengemachten KommerzRecht zu realisieren. Bei der Erarbeitung dieses Wissens geht es nicht um einen philosophischen Diskurs, abhängig von den mehr oder weniger religiös geprägten Geistesschulen der Epochen und Regionen, sondern vielmehr um ein ganzheitliches Begreifen übergeordneter oder vielmehr grundlegender Gesetzmäßigkeiten.
Denn darauf wurden Konzepte für das Leben in der Gemeinschaft entwickelt und immer wieder funktionierende Strukturen mit einer unübersehbaren Halbwertzeit errichtet. Es ist an der Zeit, dass wir den Aufbau dieser Strukturen, ihre dahinter liegenden Konzepte verstehen, damit wir souverän und in eigener Verantwortung entscheiden können, zu wessen Nutzen wir unsere Energien einbringen und welche Vorstellungen für die Welt von morgen wir manifestieren wollen.
Fazit
Eine Firma wirtschaftet zum Nutzen ihrer Eigentümer bzw. Auftraggeber und ihr Ziel ist die Maximierung ihrer monetären Gewinne. Wenn sie nicht mit materiellen Gütern handelt, dann mit Privilegien, die sie je nach den aktuellen Geschäftsbedingungen dieser Firma und den damit verbundenen Vertragspflichten der Kundschaft gewährt oder entzieht, sobald diese sich auf die Geschäftsbeziehung einlässt.
Die aufmerksame und vorurteilsfreie Beobachtung des Verhaltens und der Entscheidungen führender Protagonisten im Jobcenter sowie in Politik und Rechtsprechung wird unsere Wahrnehmung gleichermaßen erweitern, wie eine aufrichtige und selbstkritische Betrachtung der Motive für unser eigenes Wirken. Die Beschäftigung mit dem Kommerzwissen kann unser Verständnis der Funktionen bestehender Strukturen fördern und zu einem ganz neuen Zugang zur Sinnhaftigkeit führen.
Schreibe einen Kommentar