Selten vertiefen wir uns in einen Begriff wie Volkswohlfahrt. Er scheint aus unserem Sprachgebrauch irgendwie verschwunden zu sein.
Das dürfte in erster Linie am Missbrauch durch die Nazis liegen.
Wer möchte schon zu den ewig gestrigen gehören, die immer wieder von einem Volk sprechen, insbesondere wenn es um Deutschland geht.
Indigene Völker gerne, auch Urvölker. Sie gehören bei uns zur Vorstellungswelt der bunten Vielfalt, die uns bereichert und Anlass gibt, von derlei Menschen lernen zu wollen.
Aber Volkswohlfahrt?
Das klingt altdeutsch, verstaubt, weckt Erinnerungen an eine Zeit die man nicht mehr in den Mund nehmen mag, am liebsten auch aus den Gedanken verbannen möchte.
Dabei ist uns die Wohlfahrt sehr WOHL ein gebräuchlicher Ausdruck und gar nicht mal mit unangenehmen Gedanken verknüpft. Nehmen wir die Wohlfahrtsverbände.
Ihr Zweck ist der Dienst am Menschen und sie sollen Bedürftigen aus der Bevölkerung zugute kommen.
Ups, da war er schon wieder dieser Begriff, hatte sich diesmal in einem landläufigen und gebräuchlichen Vokabular versteckt, das Volk in BeVÖLKerung.
Die AWO, die Caritas, die Diakonie, um nur einige große Institutionen unserer hiesigen Wohlfahrtsindustrie zu benennen, sind anerkannte und geschätzte Träger der aktiven Versorgung desjenigen Teils der Bevölkerung, dessen Teilhabe vielen sozial engagierten Menschen am Herzen liegt.
Zumindest war uns das in der Vergangenheit selbstverständlich und wir reagieren empfindlich darauf, wenn der Wohlfahrtsgedanke durch jüngste Offenlegungen von Machenschaften aus Spitzenvertretern von Institutionen und Politik seine Glaubwürdigkeit verliert und faktisch vielmehr zur persönlichen Bereicherung Einzelner führt.
Aber das ist ein anderes Thema oder vielleicht auch nicht? Zurück zur Volkswohlfahrt.
Eine google Suche über diesen Begriff lässt den Eindruck entstehen, er habe ausschließlich mit der Weimarer Republik und dem NS-Regime zu tun.
Nun, Wissen ist eine Holschuld!
Wer heutzutage noch glaubt, die deutsche Wikipedia sei insbesondere für politische, wissenschaftliche und geschichtliche Aufklärung ein wichtiges Nachschlagewerk, der wird vermutlich schwerlich zu erhellenden Gedanken kommen können.
Also sollten wir den Begriff zunächst auskundschaften.
Wir werden bei unserer Recherche einigermaßen graben müssen, denn Informationen sind die modernen Mittel der Ausübung von Kontrolle und Macht.
Wer die Hoheit über den Gebrauch und die Deutung von Begrifflichkeiten hat, nimmt Einfluss auf die Erlangung von Wissen und damit auf die Entwicklung und anschließende Steuerung des Bewusstseins.
Volkswohlfahrt scheint aufs Engste verbunden zu sein mit dem Nationalsozialismus.
Egal welche weiteren Begriffe bei einer Recherche im Internet hinzugezogen werden.
Ergänzt man das Suchwort um ‘Verfassung’ dann führt uns die Suche zumindest in den weiter unten liegenden Ergebnissen zum Artikel 14 der Liechtensteiner Verfassung und zu einem Verfassungskommentar des Liechtenstein-Instituts aus 2016, wo der Begriff auf der Grundlage der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890 diskutiert wird (leider ist die dortige Verlinkung nicht mehr aktuell und die Seite nicht mehr auffindbar).
Dies geschah lange vor der Nazidiktatur.
Folglich können Hitler, seine Schergen und Hintermänner den Begriff Volkswohlfahrt kaum entwickelt, sondern höchstens anderen Zusammenhängen entnommen und für ihre Zwecke missbraucht haben.
Sie werden kaum einem Beispiel der Verfassung des Kantons St. Gallen gefolgt sein. Die Volkswohlfahrt als Zweck staatlichen Handelns muss einen anderen Hintergrund haben.
Wo aber sollen wir weiter suchen? Warum haben sich gerade die Nazis dieses Begriffes bemächtigt und durch ihr Handeln während des Dritten Reiches pervertiert?
Warum reagieren mittlerweile 4 Generationen nach Hitler mit stereotypen Reflexen, wenn sie mit bestimmten Begrifflichkeiten aus dieser Zeit konfrontiert werden?
Fragen über Fragen …
Dabei treten die Antworten offen zutage, wenn es gelingt, das sich auf allen Ebenen aufdrängende ‘Wissen’ und die damit verbundenen emotionalen Reflexe nicht mehr für bare Münze zu nehmen.
Im Falle der Volkswohlfahrt zäumt man Pferd besser von hinten auf, sprich man folgt dem Wesen dieser Begrifflichkeit in die Vergangenheit.
Nazideutschland zwischen 1933 und 1945 hat das Geschichts- und das Selbstverständnis der Deutschen nachhaltig zu beeinflussen vermocht.
Sämtliches Zeitgeschehen, das mit faschistischem Gedankengut in Zusammenhang gebracht wird löst den Reflex der kompromisslosen Ablehnung aus.
Es ist kaum möglich, dieses Zeitgeschehen ohne getriggerte Emotionen und mit ungetrübtem und wachem Blick wahrzunehmen.
Der Verstand wird blockiert.
Erlauben wir uns aber die Spurensuche nach den Ursprüngen einer Idee, die bis heute trägt, dann werden wir einigermaßen voran kommen in unserem Verständnis der Zusammenhänge.
Der in Deutschland tief verwurzelte Wohlfahrtsgedanke lebt in abertausenden Hilfsangeboten für benachteiligte Menschen.
Sogar in der Sozialgesetzgebung finden sich noch Reste einer Auffassung, die einstmals eine noch viel umfassendere und grundsätzlichere Bedeutung gehabt haben muss.
Auch die Bewältigung der sogenannten Flüchtlingskrise wird von großen Teilen der Bevölkerung uneingeschränkt verteidigt und die Jugend wird in diesen Kampf um die Mitmenschlichkeit dienstbar mobilisiert.
Die soziale Neigung der einfachen Bevölkerung, ihre Pflege der Wohlfahrt und all das damit verbundene Engagement für den Mitmenschen ist ihnen im wahrsten Sinne des Wortes in die Wiege gelegt.
Verfolgen wir also die weltweit exponierte Stellung sozialer Verantwortung in Deutschland und diese ausgeprägte Neigung zur Fürsorge zurück in unsere Vergangenheit.
Auf diese Weise kommen wir über die durch die NSDAP okkupierte Volkswohlfahrt über die in der Weimarer Republik lautende „Pflege der Wohlfahrt” zur Kaiserzeit.
In der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 lesen wir, dass die Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes einen wesentlichen Zweck dieser Verfassung darstellt.
Sollte die Gründung des Kaiserreiches etwa neben dem Schutz des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes quasi auf Augenhöhe das Wohl seiner Bevölkerung im Blick gehabt haben?
Wissen ist eine Holschuld, daher möge diese Frage jeder selbst für sich erforschen.
Fakt ist, diese Verfassung stellt den Wohlfahrtsgedanken ihren Paragraphen voraus.
Seither haben mehr als 6 Generationen in unübersehbarer Deutlichkeit diese Haltung gelebt und sie als selbstverständlichen Bestandteil ihres Menschseins empfunden.
Gedanken der Fürsorge, des Helfens und der Mitmenschlichkeit beherrschen noch immer das Handeln in unseren sozialen Organisationen.
Wenngleich die Rahmenbedingungen in diesen Einrichtungen nach der Aussetzung der Verfassung des Deutschen Reiches nunmehr vollständig unter das Diktat der Wirtschaftlichkeit und globalistischer Doktrin geraten sind.
Immense Wertschöpfung. die in diesen Bereichen stattgefunden hat und noch immer auch unter prekären Bedingungen erbracht wird, fließt in die Taschen Weniger.
In den Jobcentern fand diese Entwicklung Ausdruck in der Errichtung eines Systems „offenen Strafvollzugs”, dem sich die Schwächsten demütig hingegeben haben während die Stärksten ihren Profit daraus schlagen.
Wer am Aufbau einer Welt von morgen teilhaben will, der erarbeite sich einen umsichtigen Blick auf die Vergangenheit und erweitere fortwährend sein Wissen um die Geschehnisse, die uns immer wieder als Gründe für die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen von morgen präsentiert werden.
Früher oder später nimmt die damit verbundene Verunsicherung ab und die Sicht wird wieder frei auf das woran es sich lohnt mitzuwirken.
Fazit
Fürsorge und Wohlfahrt sind schon sehr lange ein zentrales Thema deutscher Geschichte und Bemühungen.
Es ist immer bereichernd und Zukunft stiftend sich mit ermutigenden und stärkenden Aspekten der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen und dabei wachsam zu bleiben für den Einfluss von Kräften, denen es in der Vergangenheit viel zu oft gelungen ist uns Menschen für ihre Machenschaften in ihren Dienst zu stellen.
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