Ganz einfach: Diese Kunden bergen Wachstumspotenzial für uns und unser Ziel, eine kundenorientierte Arbeitsweise zu entwickeln.
Bekanntlich wachsen wir mit unseren Aufgaben.
Das bedeutet, dass die Konflikte und zwischenmenschlichen Probleme mit unseren Kunden unsere tatsächlichen Baustellen sind.
Das, was wir bereits können, was wir durch unsere Sozialisation mit auf den Weg bringen, ist uns ein Leichtes.
Ebenso das, was wir uns erarbeitet und zu einem befriedigenden Grad entwickelt haben.
Darin entwickeln wir recht bald professionelle Routine, mit der wir uns den Persönlichkeiten unserer Kunden stellen.
Aber das ist bestimmt nicht mehr die Herausforderung, an der wir wachsen und unsere Professionalität entwickeln können.
Nur im Umgang mit schwierigen Kunden können wir lernen.
Schwierige Kunden zeigen uns die Grenzen unserer Kundenorientiertheit, die Grenzen unserer Verhaltensmöglichkeiten auf.
Durch sie haben wir eine wirkliche Chance uns weiterzuentwickeln.
Wir können uns unsere Kunden nicht oder doch nur in sehr geringem Maße aussuchen.
Daher bekommen wir immer wieder mit denjenigen Menschen zu tun, die das Potenzial haben, uns unsere Grenzen aufzuzeigen.
Solange wir uns vor diesen Grenzen verschließen und sie nicht anerkennen werden wir mit der Nase auf ihre Existenz gestoßen.
Die Wirklichkeit macht uns deutlich, wie es um unsere Möglichkeiten, um unsere beraterischen Fähigkeiten und um unsere Professionalität bestellt ist.
Natürlich gibt es Kollegen, die steif und fest behaupten, dass sie im Recht sind.
Und dass ihre Erwartungshaltung an das Wohlverhalten des Kunden demzufolge gerechtfertigt ist.
Sie sehen sich nicht in der Verantwortung, Brücken zum Kunden zu bauen und Zugänge zu ihm zu suchen.
Sie können es nicht auszuhalten, dass eine Lösung sich möglicherweise erst im 2. oder 3. Kontakt andeutet.
Die Überzeugung, mit der diese Haltung vorgetragen wird, macht sie natürlich nicht richtiger.
Vielmehr darf sie uns als ein Beispiel dienen, wie man mit seiner Verantwortung fahrlässig umgehen kann. Doch dazu mehr in einem späteren Abschnitt.
Die Herausforderungen, vor die uns unsere Kunden stellen sind so vielseitig, wie die Erscheinungsformen menschlichen Verhaltens.
Und manchmal wird uns noch viel mehr abverlangt. Nämlich wenn es um den Umgang mit chronisch kranken oder mit Menschen mit Behinderungen geht.
Sicherlich ist es hilfreich, wenn Du Vorerfahrungen im Umgang mit Menschen mitbringst.
Viele von uns sind Pädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen oder kommen aus Studien- und Berufsfeldern, die im weitesten Sinne mit Menschen zu tun haben.
Aber nicht wenige von uns sind Juristen, Landschaftsplaner, Architekten etc., die es ebenso als Quereinsteiger in die Behörde verschlagen hat.
Ich habe vielen von ihnen kennen gelernt und ich versichere Dir, die Expertise der diversen Berufsgruppen könnte unterschiedlicher nicht sein.
Dabei sollten wir die sozialen Berufe nicht mit sozialen Kompetenzen gleichsetzen.
Aber es gibt ein entscheidendes Kriterium, das die kundenorientierten von den weniger kundenorientierten Kollegen unterscheidet.
Stelle zunächst Dir selbst nur eine bestimmte Frage. Die Antwort auf diese Frage wird Dir weit reichenden Aufschluss geben. Die Frage lautet:
Magst Du Deine Kunden?
Stelle diese Frage auch Deinen Kollegen. Ein Kollege, der seine Kunden nicht mag, wird es in seiner Kundenorientiertheit nicht weit bringen.
Ich will niemandem zu nahe treten, aber diese Gewissheit scheint mir über allem Zweifel erhaben zu sein.
Ich sehe keine Chance für die Entwicklung von Kundenorientiertheit, wenn Du Deine Kunden nicht magst.
Im besonderen Fall der Kundenbetreuung in der Arbeitsverwaltung würde ich noch einen Schritt weiter gehen.
Suche Dir eine andere Aufgabe! Es ist niemals zu spät dazu.
Vielleicht wirst Du einwenden, grundsäztlich mag ich meine Kunden schon, aber es gibt spezielle … und Du hast vollkommen Recht.
Niemand von uns kann mit allen Kunden gleichermaßen gut zurecht kommen. Aber bitteschön … gib Dich nicht zu früh zufrieden mit dieser Konsequenz.
Erinnere Dich, Du kommst meist mit Kunden in solchen Situationen nicht weiter, die Dir als Hinweis für eigene Baustellen dienen sollten.
Ich nehme auch diejenigen Kunden nicht aus, die eine schwierige Persönlichkeit mitbringen oder sogar die Last von psychiatrischen Diagnosen tragen.
Sicher können Dich verrückte Kunden ganz schön durcheinander bringen.
Sicher gibt es Situationen, vielleicht öfter als wir uns das eingestehen möchten, in denen uns unsere Kunden Angst machen.
Nicht weil sie bedrohlich sind, sondern weil sie uns verunsichern. Verunsichern in unseren Ansichten oder sogar Gewissheiten.
Kennst Du das?
Du gibst Dir größte Mühe, einen guten Job zu machen.
Darum behandelst Du Deinen Kunden respektvoll. Du verzichtest darauf, auf seine Provokationen einzugehen.
Und Du gibst ihm viel Redefreiheit und siehst davon ab, die Gesprächsführung in die Hand zu nehmen.
Denn Du weißt, das würde jeglichen Brückenbau unmöglich machen. Du weißt, sein Unmut richtet sich nicht gegen Dich als Person.
Wahrscheinlich ist er das Ergebnis einer vieljährigen Odyssee an Erfahrungen, mit denen er sich nach und nach ein dickes Fell zugelegt hat.
Er sucht die Verteidigung im Angriff und er traut der Sache noch nicht, auch wenn Du ihm keinerlei Anlass bietest, dass seine Haltung sich bestätigt.
Wieviel Zeit gibst Du ihm, Dir provozierend zu begegnen? Oder zeigst Du ihm gleich, wer hier am längeren Hebel sitzt?
Vielleicht hast Du Dir vorgenommen, Deinen nächsten Kunden für eine bestimmte Maßnahme vorzuschlagen und du siehst, das wird nichts.
Vielleicht tritt Dir Dein Kunde aber auch zu nahe, lässt es seinerseits am nötigen Respekt fehlen.
Wir sind in unserer inneren Weite, der Akzeptanz für komplexe zwischenmenschliche Erfahrungen, unterschiedlich gestrickt.
Und bestimmt auch nicht immer mit der gleichen Geduld ausgestattet.
Aber hast Du schon mal ein solches Gespräch ergebnisoffen beendet und es auf einen weiteren Termin vertagt?
Und zwar bevor das Tischtuch zwischen Dir und dem Kunden zerrissen ist?
Übe Dich unbedingt darin.
Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Du mit einem solchen Kunden irgendeinen messbaren Erfolg erzielst, aber …
Du entwickelst Deine Verhaltensgewohnheiten in ganz erstaunlicher Weise weiter, wenn Du die Herausforderung annimmst.
Setze Dir andere Ziele mit diesem Kunden. Bediene nicht seine Haltung, die ihn zu dem gemacht hat, als den er sich Dir präsentiert.
Gönne ihm nicht den Triumph, Dich in die gleiche Schublade zu stecken, in die er vor Dir schon andere Kollegen, vielleicht Dutzende gesteckt hat.
Biete ihm paroli mit Deiner außerordentlichen Kundenorientiertheit. Bleib ihm gegenüber auf Augenhöhe.
Du verlierst nur dann an Ansehen in seinen Augen, wenn Du Dich einreihst in die Liste der Vorgänger, die er bereits gering schätzt und verachtet.
Unter Umständen wirst Du die Erfahrung machen, dass das Blatt sich wendet.
Ich erinnere mich an einen Neukunden, der mir mit seiner sämtlichen Enttäuschung über unseren Sozialstaat begegnet ist.
Und der sich insbesondere von unserer gnadenlosen Arbeitswelt verbittert abgewendet hat.
Er wusste mir viele Beispiele aus seinem beruflichen Leben zu schildern, die ihn haben zum Verlierer unserer Gesellschaft werden lassen.
Und er identifizierte mich als Repräsentanten unseres irre gegangenen Systems.
Er forderte mich heraus, ihm das zu widerlegen, was in ihm als Erkenntnis heran gewachsen war.
Ich ließ mich auf das Spiel nicht ein, denn ich hätte an dieser Stelle nur verlieren können.
Ich wusste zu wenig von ihm und seiner Haltung. Es schien mir zu stimmig zu sein, was er aus seinen Erfahrungen schlussfolgerte.
Ich sprach ihm meinen Respekt aus für seine Erfahrungen, die sicherlich nicht einfach für ihn gewesen sind.
Ich deutete an, dass meine Gesprächszeit für jeden Kunden begrenzt ist und ich ihm anbiete, einen neuen Termin mit mir zu vereinbaren.
Diesem Entgegenkommen konnte er nicht widerstehen.
Er erklärte sich einverstanden und wir verabredeten ein weiteres Gespräch.
Fortan begegnete er mir sanfter und weniger misstrauisch und ich konnte mit ihm realistische Möglichkeiten einer Beschäftigungsplanung erörtern.
Ich musste nicht mehr gegen seine Ängstlichkeit vor weiteren schlechten Erfahrungen angehen.
Ich konnte mit ihm reden ohne seine Einwände beschwichtigen zu müssen.
Glaube nicht den Kollegen oder Vorgesetzten, die behaupten, Du musst Dich gegen Widerstände durchsetzen.
Glaube es nicht, wenn jemand behauptet, Du musst Dir ein dickes Fell zulegen und Dich imprägnieren gegen Anfeindungen und Respektlosigkeiten.
Das ist nicht wahr. Du verschließt Dich nur vor wertvollen Erfahrungen.
Sprich mit Deinen Kunden und sage ihnen, wenn Du Dich schlecht behandelt fühlst.
Zeige Dich ihnen als Mensch, der um Schwierigkeiten weiß, die in jedem Leben zu bewältigen sind.
Wenn Du zu den jungen Kollegen gehörst, dann hast Du einfach noch nicht die Lebenserfahrung.
Interessiere Dich dann ganz besonders für ihr Schicksal. Frage nach, wenn Du etwas nicht verstehst.
Gib Deinem Kunden und Dir selbst Zeit zu begreifen.
Verschließe Dich nicht. Tu aber auch nicht so, als ob Du kraft Deiner Dir übertragenen Aufgabe souverän damit umgehen könntest.
Du machst Dich unglaubwürdig und bist für Deinen tatsächlichen Auftrag an diesem Kunden verbrannt.
Und vor allem anderen:
Versuche nicht, Dich mit den dürftigen Mitteln von Sanktionsandrohungen durchzusetzen.
Du ziehst immer den Kürzeren, wenigstens mittel- und langfristig. Sanktionen sind kein Mittel für die Durchsetzung von Zielen.
Das ist bei kleinen Kindern nicht der Fall und erst recht nicht bei mehr oder weniger erwachsenen Menschen.
Im Moment der Drohung mit Sanktionen hast Du nicht nur Deine Kundenorientiert vollständig abgelegt. Du hast auch Dein Gesicht verloren.
Man muss es einfach so hart sagen.
Es ist unmöglich, eine Konfrontation mit Mitteln der Sanktionierung zu befrieden.
Du hast in diesem Moment die Augenhöhe verloren und es ist sehr schwierig, sie dann wieder herzustellen.
Fazit
Wenn Dich Kunden schlecht behandeln und Dir respektlos begegnen, dann richten sich ihre Verhaltensweisen nicht gegen Dich als Person.
Sie sind vielmehr das Ergebnis der Summe ihrer Erfahrungen. Entweder mit der Behörde oder mit ihrer Sozialisation.
Gib Dich nicht ihren Angeboten hin, es ihnen mit gleicher Münze heimzuzahlen. Erliege nicht der Versuchung, am längeren Hebel sitzen zu wollen.
Du wahrst damit nicht nur Dein Gesicht.
Du machst auch ganz wesentliche Erfahrungen für die Entwicklung Deiner Kundenorientiertheit.
Kennst Du das äußerst befriedigende Gefühl, mit Deiner Geduld Deinem Kunden einen Dienst erwiesen zu haben?
Schreibe Deine Erfahrung in den Kommentar. Und abonniere den wöchentlich erscheinenden Beitrag aus dem Amtsschimmel-Blog.
Elke Overhage meint
Tja, da im Blog-Artikel sind einige Gedanken formuliert, dem ich voll zustimme. „Warum wir schwierige Kunden für unsere persönliche Entwicklung brauchen.“
Ich finde, dass meine anvertrauen Klienten mich selbst erweitern. Bei einer geduldigen wertschätzenden Umgangsform entwickelt sich zumeist eine gemeinsame Beratungs-Basis. Dann freue ich mich auf die Fortsetzung des Blogs.
Michael meint
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung,
ja, manchmal fällt das zunächst schwer, so zu sehen. Wir sind Menschen und müssen ebenso mit Kränkungen und Zurückweisungen klarkommen. Aber früher oder später wird der Blick befreit von der persönlichen Betroffenheit und die Sicht wird klarer 🙂